Eine Sammlungspräsentation mit Arbeiten von Jean-Michel Alberola, Paweł Althamer, Belkis Ayón, Jean-Michel Basquiat, Erik Bulatov, María Magdalena Campos-Pons, Walter Dahn, Fischli/Weiss, Wang Guangyi, Richard Hamilton, Duane Hanson, Joan Jonas, Robert Kushner, Thomas Lanigan-Schmidt, Roy Lichtenstein, Nadenka Creative Association, Bruce Nauman, Hilka Nordhausen, Dan Perjovschi, Raymond Pettibon, Lady Pink (Sandra Fabara), Robert Rauschenberg, Rissa, Ulrike Rosenbach, James Rosenquist, Mikołaj Sobczak, Telewissen, José Toirac, Franz Erhard Walther, Andy Warhol, Annette Wehrmann, Ai Weiwei, Garry Winogrand
Eröffnung: Sonntag, 30. Juni 2024, ab 11 Uhr
Auf dem Vulkan, so der Titel der aktuellen Sammlungspräsentation im Ludwig Forum, ist einem der „Wortbilder“ von Franz Erhard Walther entlehnt, mit denen der Künstler „Projektionsräume“ eröffnen wollte, die die Betrachtenden durch eigene Gedanken mit Sinn und Inhalt füllen können. Die von ihm paraphrasierte Metapher vom „Tanz auf dem Vulkan“ geht auf einen Ausspruch des französischen Staatsmannes und Publizisten Narcisse-Achille de Salvandy zurück, den er am Vorabend der Julirevolution 1830 nutzte, um das riskante, fast ahnungslose Verhalten angesichts der drohenden Katastrophe zu beschreiben. Im Hinblick auf eine Neubefragung der Sammlungen am Ludwig Forum wird damit gleichsam auf aktuelle Umbruchzeiten und unsere von Konflikten und Spaltung geprägte Gegenwart Bezug genommen: Aktuelle Diskurse um Freiheit (der Meinung und Künste) und Gerechtigkeit für Menschen unabhängig von Herkunft, Gender oder Klassenzugehörigkeit bilden dabei den Ausgangspunkt, um künstlerische Positionen innerhalb der Sammlungen neu zu verorten.
Globale Ausprägungen der Pop Art, jener Kunstrichtung, mit der die Sammlung von Peter und Irene Ludwig schlagartig weltweit bekannt wurde, bilden den Auftakt der Präsentation. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und parallel zum fortschreitenden „Export“ des Kapitalismus verbreitete sie sich in zahlreichen Regionen der Welt. Entsprechend werden im ersten Raum der aktuellen Ausstellung Arbeiten von US-amerikanischen Superstars wie Andy Warhol oder Roy Lichtenstein mit den diversen Spielarten und Erweiterungen Pop-bezogener Arbeitsweisen von Erik Bulatov, Ai Weiwei, Hilka Nordhausen, Rissa (Karin Götz) oder José Toirac in Dialog gebracht. Die Fotoserie Public Relations von Garry Winogrand, oder Trio Sonata in Video. Deutschland, Deutschland der Künstlergruppe Telewissen nehmen Bezug auf die gesellschaftlichen Umbrüche ab den 1960er-Jahren in Deutschland und in den USA – jener Zeit, in der Peter und Irene Ludwig begannen, zentrale Pop Art-Werke zu sammeln und sukzessive mit internationalen Arbeiten zu erweitern.
Im zweiten Raum der Ausstellung stehen Fragen im Zusammenhang mit Repräsentations- und Sichtbarkeitspolitiken jenseits festgefahrener Stereotype im Vordergrund. Dies bedeutet einerseits die kritische Befragung der Präsenz von und des Blicks auf Körper sowie andererseits transformative Strategien der Selbstbestimmung und Auflösung von geschlechtsspezifischen Rollenbildern zugunsten fluider Vorstellungen von Identität. Neben Grafiken und Malereien von Jean-Michel Alberola, Belkis Ayón, Richard Hamilton oder Robert Kushner werden in diesem Teil der Ausstellung Videoarbeiten von Joan Jonas, Bruce Nauman und Ulrike Rosenbach gezeigt.
Hieran schließt die Präsentation von Arbeiten von Jean-Michel Basquiat, Fischli/Weiss, Dan Perjovschi, Robert Rauschenberg, Mikołaj Sobczak und Franz Erhard Walther an, die sich im nächsten Raum der Ausstellung mit Überwachung, Unterdrückung, Ausbeutung und Rassismus auseinandersetzen und Muster wiederkehrender Gewalt- und Widerstandgeschichten erkennen lassen.
Schließlich thematisiert Auf dem Vulkan nicht allein das Potenzial Kunst, Projektions- und Handlungsräume zu öffnen, sondern immer auch die Möglichkeit kollektiver und partizipativer künstlerischer Arbeitsweisen, wie bei der Installation von Paweł Althamer: einer Rutsche für Kinder in Form einer Kanzel, die in der Aachener Kirche St. Elisabeth in Zusammenarbeit mit Kindern aus der Umgebung entstanden ist. Bei Thomas Lanigan-Schmidts Ikonostasis wird die Ikonographie der christlichen und byzantinischen Kirchen in eine queere Ästhetik überführt: Durch die Verbindung profaner Materialien, glitzernder Camp-Elemente und queerer Motive mit der Bildtradition des Katholizismus vereint Lanigan-Schmidts Altar vermeintlich gegenläufige Sphären und verunklärt damit gleichzeitig auch die Grenzen zwischen Sub-, Pop- und Hochkultur.
Kuratiert von Eva Birkenstock und Holger Otten
Veranstaltungen
Sonntag, 30.06.2024, ab 11 Uhr
Eröffnung