Eröffnung: Donnerstag, 10. Juli 2025, 18 Uhr
Am 9. Juli 2025 jährt sich der Geburtstag des Unternehmers, Kunstsammlers und Mäzen Peter Ludwig zum hundertsten Mal. Gemeinsam mit seiner Frau Irene Ludwig (geb. Monheim, 1927–2010) hat er von Aachen aus eine der bedeutendsten Kunstsammlungen weltweit aufgebaut.
Peter Ludwig (1925–1996) war einer der einflussreichsten Kunstsammler der Welt. Der gebürtige Koblenzer, der Vater Jurist, die Mutter stammte aus der Industriellenfamilie Klöckner, studierte ab 1946 Kunstgeschichte, Archäologie sowie Vor- und Frühgeschichte in Mainz. Dort lernte er Irene Monheim (1927–2010), die Tochter des gleichnamigen Aachener Schokoladenfabrikanten kennen, die dieselben Fächer studierte. Die beiden verband eine große Liebe zur Kunst und ein profundes Wissen um die Kunstgeschichte und die Entwicklung der Kunst bis zur Gegenwart. Prägend war für Peter Ludwig die Begegnung mit dem Werk von Pablo Picasso, über dessen Menschenbild er 1950 promovierte. Nach der Heirat 1951 trat er 1952 in die Geschäftsführung des Unternehmens der Familie Monheim in Aachen ein. Das Leben des Ehepaares entspann sich von da an zwischen zwei Polen: Kunst und Kakao.
Peter Ludwig wusste geschickt, Geschäftssinn und Sammelleidenschaft miteinander zu verbinden. Die Leonard Monheim AG, eine der größten Schokoladen- und Süßwarenproduzenten der damaligen Bundesrepublik, gab den Ludwigs den finanziellen Spielraum, von Aachen aus ihre einzigartige Sammlung internationaler Kunst aufzubauen. Zum Zeitpunkt des Todes Peter Ludwigs 1996 umfasste sie circa 14 000 Werke, die sich heute als Dauerleihgaben und Schenkungen in über 30 Institutionen in sieben Ländern und auf drei Kontinenten befinden. Heute wird der Nachlass des Ehepaares von der Peter und Irene Ludwig Stiftung mit Sitz in Aachen verwaltet.
Das Ludwig Forum nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, mit der Präsentation Zeitbild, Provokation, Kunst an zwei Orten im Haus die Verdienste des Sammlers und sein Engagement für die zeitgenössische Kunst in Aachen und weit darüber hinaus zu würdigen. Im Eingangsbereich der Bibliothek des Hauses veranschaulicht eine Zusammenstellung von historischen Fotografien, Filmen und Archivmaterial die Bedeutung, die Peter Ludwig für das Ludwig Forum hatte und hat. Fotos vom Umbau der Schirmfabrik, von den Eröffnungsfeierlichkeiten und vom Sammler vor „seinen“ Kunstwerken verweisen auf die enge Bindung des Ludwig Forums an die Persönlichkeit von Peter aber auch Irene Ludwig, die eher im Hintergrund, doch aktiv am Aufbau der Sammlung sowie der Vernetzung und Förderung der zunehmenden Zahl von Ludwig-Häusern mitwirkte – bis hin zur Gründung der Peter und Irene Ludwig Stiftung, die sie 1997, ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes ins Leben rief. Kunstwerke des ostdeutschen Malers Sighard Gille und des Westdeutschen Jörg Immendorff rufen den „Bilderstreit“ auf, den Peter Ludwig mit seinem Engagement für die Kunst der DDR 1977 befeuerte. Die deutsch-deutsche Verständigung in Zeiten des Kalten Krieges (1947–1991) war ein zentrales Anliegen des Sammler*innenpaares. Die beiden kleinen Gemälde stehen zudem für einen Diskurs um die Frage, ob in einem geschlossenen, repressiven System, wie es das der DDR gewesen ist, wirklich „Kunst“ entstehen kann – ein Diskurs, der auch mehr als dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch nicht abgeschlossen ist.
Der zweite Teil der Präsentation im Untergeschoss des Westflügels widmet sich Peter Ludwigs internationalen Sammlungsaktivitäten. Ausgehend von der Begegnung mit der Pop Art Ende der 1960er Jahre in New York bildete die zeitgenössische Kunst schnell den Fokus seiner Ankaufsbestrebungen. Sein Handeln war getragen von der Überzeugung, dass Kunst nicht nur ästhetisches Ereignis, sondern auch Ausdruck ihrer Zeit sei, dass die „Weltkunst“ sichtbar gemacht werden müsse, um Grenzen zu überwinden und Verständigung zwischen Kulturen zu fördern. Spätestens, als er Mitte der 1970er Jahre seinen Fokus auf die Länder jenseits des Eisernen Vorhangs richtete, betrat er die Bühne der internationalen Kulturpolitik – als eine „der abenteuerlichsten Figuren“ der bundesrepublikanischen Sammlergeschichte (Wolfgang Becker, Gründungsdirektor des Ludwig Forums).
Peter und Irene Ludwig erwarben unter anderem zeitgenössische Kunst in der DDR, der Sowjetunion, Bulgarien, Kuba, Ungarn, Rumänien und China – Aktivitäten, die immer auch mit Diplomatie und Kontakten in höchste politische Kreise einhergingen. Ihre Ankäufe waren stets mit Bestrebungen verbunden, die eigene Sammlung durch Leihgaben, Schenkungen und Museumsneugründungen auch in diesen Ländern bekannt und zugänglich zu machen. Die hier ausgestellten Archivalien und Kunstwerke eröffnen einen Blick auf diese internationalen Sammlertätigkeiten. Die Portraits des Sammlers von Andy Warhol verweisen auf die US-amerikanische Pop Art als die Kunstrichtung, die Peter Ludwigs Begeisterung und Interesse an der zeitgenössischen Kunst erst entfachte. Anhand von Zeitungsartikeln und Fotografien werden seine Sammelaktivitäten in der DDR, der Sowjetunion, Kuba und China vorgestellt, während eine kleine Auswahl an Kunstwerken aus den verschiedenen Sammlungsgebieten die für ihre Zeit sehr ungewöhnliche Internationalität der Sammlung Ludwig exemplarisch veranschaulicht.
Mit Arbeiten von Carlos Alberto Rodríguez Cárdenas, Zlatka Dabova, Donna Dennis, Juris Dimiters, Li Fan, Sighard Gille, Ralph Ladell Goings, Zhang Guilin, Li Hongren, Jörg Immendorff, Roy Lichtenstein, Kim MacConnel, Wolfgang Mattheuer, A. R. Penck, Viktor Pivovarov, Sandra Ramos, Lazaro Saavedra, Eduard Štejnberg, Stoimen Stoilov, José Toirac, Andy Warhol, Wladimir Grigorjewitsch Weisberg und Nina Ivanova Žilinskaja
Kuratiert von Sonja Benzner und Mailin Haberland
Foto: Hans Laven